Auf der Suche nach guten Narrativen für strategische Hochschulentwicklung in krisenhaften Zeiten lohnt es sich zu schauen, wie Bob der Baumeister in der gleichnamigen Kinderfernsehserie seine Aufgaben angeht
Klimakollaps, Krieg in Europa, Fachkräftemangel, Ampelstreit – wir sind umgeben von Krisen. Auch für Hochschulen kur-
sieren krisenhafte Erzählungen: Lernen mit KI macht Hochschulen überflüssig, Hochschulen sind strategieunfähig, Deutschland ist in vielen Forschungsfeldern abgehängt.
All diejenigen, die sich den sich rasch verändernden Rahmenbedingungen stellen, stehen nun vor einer wichtigen Frage des strategischen Hochschulmanagements: Wie kann Wandel besser gelingen – mit einem Fokus auf alarmierende Nachrichten oder mit positiven, zukunftsorientierten Narrativen über eine mögliche goldene Zukunft? Leiden wir unter der angeblich typisch deutschen Eigenschaft, zu viel über Probleme, statt über Chancen und Gelegenheiten zu reden? Oder haben uns die Pisa-Befragungen gelehrt, dass ein heilsamer Schock hilft, Aktivitäten anzustoßen, die zu Verbesserungen führen?
Aus meiner Sicht sollten Hochschulen extreme Ansätze vermeiden: Eine völlige Fokussierung auf Probleme ohne Lösungen oder eine übertriebene Schwarzmalerei führen zu Ängsten, Lähmung und Rückzug – oder zur ebenso unproduktiven Haltung, dass früher alles besser war. Der „sense of urgency“ wäre zwar vorhanden, aber er kann keine produktive Wendung finden. Genauso würde aber Schönfärberei den Blick auf die notwendigen Veränderungen ver- stellen und die Hochschulangehörigen in falscher Sicherheit wiegen.
Wie sieht dann der gelungene Mittelweg aus? In einem Profilierungsprozess einer Hochschule würde ich die Probleme klar und nüchtern benennen, weder herunterspielen noch überdramatisieren. Eine ehr- liche, realistische Antwort auf die Frage „Was passiert, wenn alles so bleibt?“ ist meines Erachtens der erste Schritt und gibt die Richtung sowie die Dringlichkeit vor. Hierbei kann empirische Evidenz ein wichtiger Schlüssel sein. Diese sollte mit Lösungswegen und Erfolgsgeschichten verbunden werden, die möglicherweise in anderen Hochschulen oder im eigenen Haus bereits entwickelt und ausprobiert werden. So kann eine Mischung entstehen aus Transparenz und kritischer Reflexion der jeweiligen Lage einerseits und Zuversicht in die zukünftigen Entwicklungen andererseits. Denn das psychologische Konzept der Selbstwirksamkeit von Albert Bandura lässt sich auch auf Organisationen übertragen: Eine Hochschule, die kollektiv an die eigene Kompetenz glaubt, Probleme meistern und Ziele erreichen zu können, wird einen Change-Prozess erfolgreich durchlaufen können und auch bei möglichen Rückschlägen nicht aufgeben. Eine breit geteilte Überzeugung der Angehörigen einer Hochschule nach dem Motto „Wir können Wandel“, die sich auch aus vergangenen Erfolgserlebnissen wie beispielsweise der Bewältigung von Herausforderungen der Coronapandemie im Studienalltag speist, wird den Erfolg von Veränderungsprozessen deutlich wahrscheinlicher machen.
Der notwendige Dreiklang aus Evidenz, Lösungen und Zuversicht, begleitet von einem durchdachten guten Narrativ, ist für mich der Schlüssel. So wie Bob der Baumeister das macht: Nach Messen, Planen und Be- gutachten der Lösung folgt dort stets der Team-Dialog „Can we fix it?“ – „Yes, we can“.
erschienen in DUZ Wissenschaft & Management, Ausgabe 8/2024, S. 9