Die Kultusministerkonferenz prognostiziert, dass 2026 der Sinkflug der Studienanfängerzahl in Deutschland gestoppt ist und höhere Geburtenraten und Zuwanderung für Zuwachs sorgen. Ist damit das Thema vom Tisch? Oder wie der Rheinländer sagen würde: „Et hätt noch immer jot jejange“?
Genauso wie es falsch war, in der aktuellen Situation in Panik und Aktionismus zu verfallen, ist es nun verfehlt, sich entspannt zurückzulehnen und auf den Anstieg der Studierendenzahl zu warten. Insgesamt steigt zwar die Wahrscheinlichkeit, die Politik zu überzeugen, dass keinesfalls Kürzungen angesagt sind. Von den Prognosen der Kultusministerkonferenz (KMK) unbenommen bleibt aber, dass die Entwicklung der Studierendenzahlen je nach Fach und Standort weiter sehr unterschiedlich ausfallen wird. Der Turnaround im Maschinenbau ist nicht in Sicht und die Hochschule, die Studierende aus einem demografisch schwindenden Raum rekrutiert, wird weiter um jede Studierende und jeden Studierenden kämpfen müssen. Das Hochschulmanagement muss jetzt die Lehren aus der aktuellen Situation ziehen, um auf künige Entwicklungen vorbereitet zu sein. Guter Hochwasserschutz endet ja auch nicht mit dem Ausbleiben der Katastrophe.
Erstens wird es für das Hochschulmanagement darum gehen, die Lage jeder einzelnen Hochschule empirisch im Blick zu behalten. Wie entwickeln sich die Anfängerzahlen für unsere Fächer, wie sieht die demografische Entwicklung in unserem Einzugsgebiet aus, welche Studiengänge strahlen überregional, wie entwickeln sich die Arbeitsmärkte? Zweitens dürfen Verantwortliche in Hochschule und Politik nicht den Fehler begehen, bei all den Debatten über Erstsemester das Outputdenken zu vergessen – denn eigentlich geht es ja vor allem um das Monitoring und Management des Studienerfolgs.
Drittens ist es wichtig, auf schwache Nachfrage angemessen zu reagieren. Hochschulen können neue Studiengänge entwickeln, beispielsweise durch interdisziplinäre Angebote oder in sich akademisierenden Berufsfeldern. Sie können die innere Reform von Studiengängen angehen, sei es etwa durch Vermittlung zukunsorientierter Skills oder durchdachtes Blended Learning. Sie können nach neuen Märkten suchen, beispielsweise im internationalen Kontext oder durch serviceorientiertes Teilzeitstudium für Berufstätige und Studierende mit Familienaufgaben. Oder sie implementieren mit der Stadt und lokalen Unternehmen eine regionale Strategie, die Fachkräe aus dem In- und Ausland anzieht. Insgesamt zeigt sich ein großes Handlungsrepertoire, in dem Hochschulleitungen situationsbezogen strategische Prioritäten setzen können und müssen.
Dass wir gerade voraussichtlich nur eine Delle in der Studierendennachfrage haben, bietet doch eine einmalige Chance, strategisch – und nach Corona, Energiekrise und Co. endlich einmal ohne Katastrophenmodus – jetzt all diese Fragen anzugehen. Um beim Rheinischen Grundgesetz zu bleiben: Auf Paragraf 3, „Et hätt noch immer jot jejange“, folgt nahezu unmittelbar schon Paragraf 5: „Et bliev nix wie et wor.“
erschienen in DUZ Wissenschaft & Management, Ausgabe 5/2024, S. 9