Eine erfolgreiche Hochschule der Zukun ist authentisch. Sie hat eine gelebte und kommunizierte Identität, die auf einem klar konturierten Profil beruht – so skizziert im neu erschienenen Buch „Die authentische Hochschule“
Die Hochschulleitung dieser authentischen Hochschule, wie sie Ulrich Müller, Leiter politische Analysen beim CHE, und ich es in unserem Buch beschreiben, hat erkannt, welche Chancen in den aktuellen Umbrüchen stecken, und sieht ihre Aufgabe darin, diese so aufzugreifen, dass sich die eigene Identität stimmig weiterentwickelt. Daraus kann eine Vielfalt an Hochschulprofilen entstehen.
Klingt abstrakt, kann man aber exemplarisch ganz konkret machen: Eine „Bürgerhochschule“ würde beispielsweise gesellschaliche Verantwortung leben, auch mit Blick auf aktuelle Vertrauenskrisen in staatliche Institutionen und Demokratie. In ihrer Governance gäbe es einen Rat von Mitgliedern aus der jeweiligen Stadt, sie würde interdisziplinär Citizen Science betreiben, Bürgerinnen und Bürger an der Findung von Forschungsthemen beteiligen und auf Service Learning setzen. Wissenschaftskommunikation und das Aufdecken von Fake News wären zentrale Aufgaben, gestützt durch eine Anlaufstelle in der Innenstadt. Die Stadtgesellschaft könnte sich über eine Stiung auch finanziell beteiligen. Das Beispiel macht deutlich: Eine solche authentische Hochschule würde die jetzt bereits in ihr angelegten
Trends systematisch zu Ende denken. Neben der Bürgerhochschule können dann zahlreiche weitere Varianten entstehen: Eine Hochschule, die erkennt, dass Studium kein Lebensabschnitt mit klar definiertem Studienabschluss mehr ist, wird zur lebenslangen Lernbegleiterin. Eine Hochschule, welche die sich auflösende Gewissheit aufgreift, dass Studium vor allem Fachwissen vermittelt, stellt Future Skills in den Mittelpunkt. Die Hochschule der Zukunft ist somit kein One-size-fits-all-Konzept. Hochschulen müssen sich verändern, aber gleichzeitig bei sich bleiben und dabei Antworten auf das finden, was gestern noch als gewiss angesehen wurde und heute nicht mehr gilt.
Damit solch eine authentische Hochschule gelingt, bedarf es entsprechender Gestaltungskraft des Wissenschaftsmanagements – hier einige Erfolgsfaktoren dafür: Die Instrumente des Wissenschaftsmanagements sollten auf Veränderungsfähigkeit angelegt sein, die Hochschule sollte Foresight-Kompetenz – Kompetenz im Vorausschauen – entwickeln. Das Wissenschaftsmanagement sollte kultursensibel und evidenzbasiert sein und sich eines systematischen Partizipationsmanagements bedienen. Und es erscheint kaum vorstellbar, dass eine authentische Hochschule entstehen kann, wenn Fakultäten weiterhin als „Fächersilos“ das allein dominierende Organisationsprinzip bleiben. Wie kaum eine andere Einrichtung könnte eine Hochschule etwa fächerübergreifend deutlich machen, dass Künstliche Intelligenz (KI) nicht nur bedrohliche Ungewissheiten schafft, sondern die neuen Wege in die KI-geprägte Zukunft definieren. Damit könnten die Hochschulen mehr denn je zu einem Ort werden, der gerade überall dringend gebraucht wird: eine authentische, vertrauenswürdige Einrichtung, die in diesen verunsichernden Zeiten Orientierung, Halt und Zuversicht gibt.
erschienen in DUZ Wissenschaft & Management, Ausgabe 4/2024, S. 9