Was unterscheidet Ihr Angebot oder Unternehmen von dem der anderen? Gute Verkäufer haben darauf sofort eine Antwort. Die deutschen Hochschulen tun sich damit manchmal noch schwer. Das ist verwunderlich angesichts von mehr als 400 Marktbegleitern allein in Deutschland

Dabei ist Profilbildung für Hochschulen wichtig: Sie müssen der Politik und der Öffentlichkeit darstellen können, warum sie unentbehrlich sind. Ansprüche an Hochschulen sind vielfältig, man kann nicht alle gleichzeitig befriedigen und droht sich zu verzetteln, wenn man keine Prioritäten setzt. Zudem braucht es für herausragende Aktivitäten, vor allem in der Forschung, eine kritische Masse – das kann sich eine Hochschule oft nur in wenigen Feldern leisten.

Allerdings scheuen sich manche Hochschulleitungen vor Priorisierung, und Hochschulangehörige befürchten wissenschaftliche Monokulturen. Gehört mein Forschungsgebiet zum Profilschwerpunkt? Wird alles geschlossen, was nicht zum Profil gehört? Wird unsere Hochschule träge und unflexibel, wenn wir alle nur noch in eine Richtung laufen? Und was, wenn unsere Hochschule auf das falsche Pferd beziehungsweise Profil gesetzt hat? Die aus solchen Fragen resultierenden Diskussionen oder sogar Konflikte führen meiner Erfahrung nach leicht dazu, dass Profilbildung nicht akzeptiert wird, stecken bleibt und letztlich nicht gelingt. Doch woher kommen diese „Profil-Neurosen“?

Ich denke, die Schwierigkeiten resultieren aus einem falschen Verständnis von Profilierung. Wie es richtig geht, lässt sich sehr gut am Bild des Schaufensters verdeutlichen. Ein erfolgreicher Laden stellt Produkte ins Schaufenster, die überzeugend sind, den Charakter des Ladens und das Sortiment prägen und Kundschaft anlocken. Man schaut als Händler dabei auch auf die Schaufenster der Nachbarläden und versucht, sich abzusetzen, um Nachfrage zu erzeugen und einen Grund zu liefern, den eigenen Laden zu betreten. Genau die ausgestellten Produkte muss man dann aber auch in großer Menge und hoher Qualität in dem Laden finden. Der Laden muss also zunächst in diese Produkte investieren, und zwar mehr als in andere Teile des Sortiments. Schöne Deko ohne Substanz im tatsächlichen Angebot führt dabei nicht zum Erfolg. Und kein Händler platziert sein gesamtes Sortiment in der Auslage. Es wird selbstverständlich immer wieder ausprobiert, das Warensortiment zu verändern und neuen Entwicklungen und Bedarfen anzupassen. Es kann Regale mit Spezialangeboten geben, die für bestimmte Nachfrager besonders bedeutsam sind, ohne aber das Sortiment wirklich zu prägen. Und es kann auch passieren, dass die Dinge im Schaufenster teilweise oder in größerem Umfang ausgetauscht werden. Das Schaufenster ist also wichtig, aber allein macht es nicht den Erfolg des Ladens aus.

Natürlich sind Forschung und Lehre keine Ware, aber ich finde, der Schaufenstervergleich veranschaulicht die vielen Vorteile eines guten Hochschulprofils, zeigt dessen dynamischen Anteil und macht deutlich, dass es gerade nicht um Monokulturen geht. Und der Wiedererkennungswert entsteht unabhängig vom Marketingbudget und der Einrichtungsgröße. Schließlich bleiben liebevoll gestalteten Schaufenster lokaler Buchläden oft ebenso im Gedächtnis – oder gehen medial viral – wie die berühmten Weihnachtsschaufenster von Harrods oder Tiffany.

erschienen in DUZ Wissenschaft & Management, Ausgabe 01/2025, S. 9

Weitere Kolumnen aus der Reihe „Ziegeles Welt“ finden Sie hier.

„Was stell‘ ich ins Schaufenster?“

Ziegele, Frank: „Was stell‘ ich ins Schaufenster?“, in: DUZ Wissenschaft &…
1682 Aufrufe

Frank Ziegele

Geschäftsführer

Tel.: +49 5241 9761-24
E-Mail: Frank.Ziegele@che.de

Assistenz:
Alexandra Tegethoff
Tel.: +49 5241 9761-22

https://www.che.de/teams/frank-ziegele