Die neue Bundesregierung will die Rahmenbedingungen für soziale und technologische Innovationen von Hochschulen verbessern. Hierfür ist die Gründung einer Deutschen Agentur für Transfer und Innovation, kurz DATI, vorgesehen. Um das Potenzial besser zu nutzen, bedarf es laut CHE darüber hinaus aber einer Drittmittelförderung, die nicht automatisch mit der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse endet. Denn für eine erfolgreiche Implementierung sozialer Innovationen müssen gesellschaftliche Vertreter*innen nicht nur während, sondern auch nach der Entwicklungsphase dauerhaft eingebunden werden, wie eine aktuelle Analyse zeigt.
Ob flexible Arbeitszeitmodelle oder neue Standards in der Pflege: Nicht alle Neuerungen sind technischer Natur, sondern Innovationen können auch aus Verhaltensänderungen von Personen, Gruppen oder ganzen Organisationen bestehen. Bisher zeigen Studien jedoch, dass nur etwa 15 Prozent solcher Sozialen Innovationen aus Hochschulen stammen.
Dabei bietet das deutsche Hochschulsystem grundsätzlich gute Voraussetzungen, Soziale Innovationen hervorzubringen. Dies sind zum einen die Akademisierung neuer Berufsfelder sowie die Zunahme anwendungsorientierter Forschung an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften und Universitäten.
Die neue Bundesregierung will mithilfe einer neuen Schnittstelle, der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation, kurz DATI, soziale und technologische Innovation vom Campus fördern. Hierbei sollen besonders Hochschulen besser und effektiver mit Unternehmen, Start-ups, sowie sozialen und öffentlichen Organisation zusammenarbeiten.
„Die Gründung einer deutschen Transfer- und Innovationsagentur ist ein guter und richtiger Schritt“, begrüßt Isabel Roessler die Pläne der Ampel-Koalition. „Damit Soziale Innovationen wirklich den Campus verlassen und sich in der Gesellschaft entfalten können, braucht es aber auch eine Änderung der Förderungsbedingungen des Bundes“, so die Expertin für den Bereich Third Mission und Transfer beim CHE.
Momentan endet die Förderung von Drittmittelprojekten mit der Veröffentlichung des jeweiligen Forschungsergebnisses. „Eine Soziale Innovation ist es aber erst, wenn die Idee in Gesellschaft oder Teilen von ihr auch tatsächlich angewandt wird. Eine nachhaltige und neue Förderlogik durch den Bund müsste dies berücksichtigen und die Rückkoppelungsphase mit Akteuren und Gremien der Gesellschaft explizit im Förderzeitraum berücksichtigen“, so Roessler.
Eine aktuelle Untersuchung des CHE verdeutlicht, wie wichtig die Einbindung von gesellschaftlichen Akteuren außerhalb des Hochschulkosmos für den Erfolg einer Sozialen Innovation ist. Damit aus der Idee, etwa einem flexibel entwickelten Arbeitszeitmodell, auch eine gesellschaftliche Praxis wird, müssen hochschulexterne Akteure rechtzeitig eingebunden werden. Dies zeigt eine Auswertung von Interviews mit hochschulexternen Stakeholdern, die an der Entwicklung und Verbreitung von Sozialen Innovationen beteiligt sind.
Problematisch sei laut den CHE Autor*innen, dass die Stakeholder, die benötigt werden – um aus dem Forschungsergebnis eine Soziale Innovation zu machen – jedoch oft nicht von den Hochschulen eingebunden würden, weil sie nicht für das eigentliche Forschungsprojekt notwendig sind. Dies gilt beispielsweise für Vertreter*innen aus Kommunen, der Politik und von Verbänden. „Wer vorhat, eine Soziale Innovation auf den Weg zu bringen, muss von Anfang an überlegen: Wen brauche ich da draußen, damit meine Forschung auch tatsächlich etwas im Verhalten oder der bisherigen Praktik ändert? Scheuklappen darf man dann nicht aufsetzen, sondern stattdessen Mut haben, auch Akteure anzusprechen, mit denen man bisher nichts zu tun hatte“, so Isabel Roessler.
Über die Studie:
Die Publikation „Soziale Innovationen aus Hochschulen – Das Zusammenspiel mit Gesellschaft, Wirtschaft und Politik“ ist die vierte Veröffentlichung im Rahmen des Projektes WISIH. Grundlage waren Interviews mit 23 Vertreter*innen aus Hochschule, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zwischen März und Mai 2021. Autorinnen und Autoren der Studie sind Isabel Roessler und Cort-Denis Hachmeister.
Über das Projekt WISIH:
Das CHE Projekt „WISIH: Wege und Indikatoren Sozialer Innovationen aus Hochschulen im Bereich der Pflegewissenschaft und der Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie“ ist im Oktober 2019 gestartet. Das Projekt beinhaltet auch einen Praxistest, bei dem unter realen Bedingungen an Fachhochschulen und Universitäten getestet wird, ob eine Erfassung von Indikatoren für Soziale Innovationen in der Praxis möglich ist. Das diesem Bericht zugrunde liegende Vorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 16IFI112 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei der Autorin und dem Autor. Weitere Informationen gibt es hier.