Kurzportrait Prof. Dr.-Ing. Dieter Leonhard, Präsident der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes
Seit 2019 ist der gebürtige Saarländer Prof. Dr. Dieter Leonhard Präsident der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (htw saar). Leonhard studierte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie am Institut Polytechnique in Grenoble (Frankreich) Bauingenieurwesen mit dem Schwerpunkt Wasserwirtschaft. Von 2004 bis 2008 war er zunächst Vizepräsident und dann Präsident der Deutsch-Französischen Hochschule (DFH). 2008 bis 2018 war er Rektor der Hochschule Mannheim. Von 2012 bis 2019 gehörte er zudem dem Vorstand des DAAD an. Im gleichen Zeitraum war er als Vertreter der Hochschulrektorenkonferenz Mitglied im Hochschulrat der DFH. 2019 wurde er von der Bundesregierung in den Lenkungskreis des Deutsch-Französischen Zukunftswerkes berufen.
Wasserwirtschaft und Internationale Beziehungen sind seine akademische Leidenschaft. Als Gastdozent lehrte er in den Niederlanden, Frankreich und Spanien. Im Januar 2010 verlieh ihm der französische Staatspräsident für sein Engagement für die deutsch-französischen Beziehungen den Orden eines Ritters der Ehrenlegion.
Aus Sicht der Jury hat sich Dieter Leonhard über Jahre als Hochschulleiter bewährt und eine sehr hohe Akzeptanz in der Hochschul-Community erlangt. „Das Thema Nachhaltigkeit spielt im Entwicklungsplan seiner Hochschule eine große Rolle sowohl im Bereich Lehre und Forschung als auch im Hochschulbau und -betrieb. Sein Führungsverständnis und -stil ist sehr authentisch und glaubwürdig, er genießt hohes Vertrauen in seinem Führungsteam“, urteilen die Jury-Mitglieder und heben zudem seine internationalen Aktivitäten hervor. „Dieter Leonhard setzt sich seit Jahren mit großem Erfolg für die Internationalisierung von HAWs ein und ist dabei ein hervorragender Netzwerker.“ So ist er seit einem Jahrzehnt Sprecher des Deutschen Hochschulkonsortiums für Internationale Kooperationen (DHIK), welches mit mittlerweile 38 Hochschulen Doppelprogramme mit Universitäten in China, Mexiko und Indien umsetzt.
Im Juni 2022 feierte die htw saar ihren Jubiläumsfestakt zum 50-jährigen Bestehen der Hochschule. Ihr Grundsatz ist: Praxisnah studieren – Anwendungsorientiert forschen. Ein Deutsch-Französisches Hochschulinstitut für Technik und Wirtschaft (DFHI) bietet rund 450 Studierenden die Möglichkeit intensiver internationaler Erfahrungen und Doppelabschlüsse.
Mit dem Hintergrund von insgesamt vier Amtszeiten als Präsident übernahm Dieter Leonhard die Leitung der htw saar. „In allen Fällen habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie meine eigenen Möglichkeiten der Führung zur jeweiligen Hochschule passen, ob es wirksam ist, was ich entwickeln und verändern muss – und inwieweit ich selbst das möchte, was die Hochschule mir abverlangt“, sagt Leonhard zu seiner Entscheidung, als Externer die Leitung der htw saar zu übernehmen. Sein Führungsverständnis beschreibt er als „semi-partizipativ“. Aus seiner Sicht endet partizipative Führung dort, wo Grenzüberschreitungen oder Verpflichtungen von außen klarer Anweisung bedürfen.
Als Beispiel führt Leonhard den Aufbau einer neuen dualen Einrichtung an der HTW an: „Die juristische Bewertung schloss zuvor eine Hochschulbeteiligung aus und in der Hochschule gab es zudem Sorgen zu Qualität und der akademischen Freiheit sowie der zur Verfügung stehenden Ressourcen. Jedoch sind duale Angebote eine wesentliche Säule im Wettbewerb um Studierende. Ich habe deshalb die Gesamtverantwortung für das Projekt – auch operativ – selbst übernommen.“
Als Lösung fand sich ein im Land neues Franchisemodell mit einer gGmbH unter Beteiligung von Wirtschaft und Hochschule. Die dualen Studiengänge wurden Teil der bestehenden Fakultäten und zahlen somit auf deren Leistungsbilanz ein. „Intensive Kommunikation und Diskussion mit den Lehrenden, der Personalversammlung und dem AStA führten dazu, dass trotz der heterogenen Ausgangslage ein fast einstimmiges Ergebnis in Senat und Hochschulrat erzielt wurde“, erläutert Leonhard. Die dualen Studiengänge wurden hervorragend aufgenommen und sind fester Bestandteil der Hochschule.
Auch ein eigenes Konzept der Forschungsstruktur – weg vom „Gießkannen-Prinzip“, hin zu wissenschaftlicher Schwerpunktsetzung über Fakultätsgrenzen hinweg – war erst einmal strittig, es konnte aber gemeinsam mit allen Beteiligten erfolgreich umgesetzt werden. Leonhard sagt dazu: „Legitimation und Akzeptanz von schwierigen Entscheidungen ist nach meiner Erfahrung gegeben, wenn die Hochschulmitglieder Vertrauen haben. Das bedeutet für mich: Authentizität, Unabhängigkeit, Sachlichkeit, Zuverlässigkeit, Zuhören, klare Kommunikation und vor allem -schwierige Punkte auch anzugehen.“ Das Konzept sieht für ausgewiesene Forschende mit transdisziplinärem Konzept mehrjährige Unterstützung aus Zentralmitteln vor. Wissenschaftliche Inhalte sowie Governance entscheiden die Wissenschaftler*innen. Es haben sich fünf Zentren, davon eines in der Lehre herausgebildet.
Seine Kolleginnen und Kollegen an der Hochschule beschreiben ihn als vorausschauend, transparent und dynamisch. „Dieter Leonhard ist ein Visionär, dessen Gestaltungswillen und Umsetzungstempo manchen in der Hochschule gelegentlich herausfordert“, heißt es anerkennend aus seinem Umfeld.
Aspekte von Nachhaltigkeit nimmt die Hochschule immer stärker in den Fokus. So enthält das neu entwickelte Leitbild für die Lehre seit 2021 „Soziale, ökologisch und ökonomische Nachhaltigkeit“ als Qualitätskriterien. „Als Wasserwirtschaftler liegt bei Herrn Professor Leonhard das Thema Nachhaltigkeit ohnehin nahe“, meinen seine Peers. Ein großer Erfolg wurde auf Leonhards Initiative hin mit der saarländischen Landesregierung erzielt, berichten sie: „Der unmittelbare Impact einer Hochschule auf das Klima ist mit ihrer baulich-technischen Infrastruktur verbunden. Mit der geplanten Neugestaltung unseres Campus eröffnete sich eine seltene Chance. Die saarländische Landesregierung wird das Bewertungssystem des Bundes für nachhaltiges Bauen (BNB) auf Landesebene erstmals in einem Modellvorhaben an der htw saar erproben. Der Architekturwettbewerb für das rund 6.000 m² große, multifunktionale Lehr- und Forschungsgebäude, das für alle zukünftigen öffentlichen Gebäude im Saarland Maßstäbe in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit setzen soll, startet noch in 2022.“
Zum Verfahren
Die Nominierten für die Auszeichnung „Hochschulmanager*in des Jahres 2022“ wurden in mehreren Stufen ermittelt. Über eine datengestützte Vorauswahl wurden Hochschulen identifiziert, die eine besonders starke positive Entwicklungsdynamik aufweisen. Im Rahmen der zweiten Auswahlstufe wurden alle in der Vorauswahl identifizierten Hochschulleitungen zu ihrem Führungsverständnis und einer möglichen Nachhaltigkeitsstrategie befragt. Als weitere Perspektive wurden die Kollegen und Kolleginnen in der Leitung sowie die jeweiligen Hochschulratsvorsitzenden zur Führungsleistung ihrer Hochschulleitungen und zum Zusammenspiel im Team befragt. Auch hier lag ein besonderes Augenmerk auf dem Thema Nachhaltigkeit. Alle Ergebnisse waren Grundlage für die Entscheidung der Jury zur Nominierung der sechs Finalist*innen.
Die Auszeichnung “Hochschulmanager*in des Jahres” wird bereits seit 2008 verliehen, seit 2013 gemeinsam von der Wochenzeitung DIE ZEIT und dem CHE Centrum für Hochschulentwicklung.