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Die Anrechnung von Aus- und Fortbildungsabschlüssen auf ein Hochschulstudium ist ein zentrales Mittel, um die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung zu fördern. Doch wird dieses Verfahren teilweise noch zu wenig genutzt, so das Ergebnis einer Studie, welche das CHE Centrum für Hochschulentwicklung im Auftrag des Projekts MODUS der Hochschulrektorenkonferenz durchgeführt hat. Dies betrifft vor allem die pauschale Anrechnung, bei der Aus- und Fortbildungsabschlüsse bestimmte Anteile des Studiums generell ersetzen können, so dass berufserfahrene Studierende keinen doppelten Lernaufwand betreiben müssen. Hier bestehen Potenziale, die besser ausgeschöpft werden könnten als bisher.

Insgesamt untersucht die Studie den aktuellen Entwicklungsstand pauschaler Anrechnungsverfahren anhand einer bundesweiten empirischen Erhebung und leitet daraus Handlungsempfehlungen in Form eines Praxisleitfadens zu deren Umsetzung ab. Neben dem Nutzen und dem Mehrwert für Hochschulen und auch möglich Kooperationspartnern aus der beruflichen Bildung werden auch die bestehenden Herausforderungen und Erfolgsbedingungen beleuchtet. Dabei spielen vor allem Aspekte wie die Art der anrechenbaren beruflichen Qualifikationen und deren regionale Reichweite, das Profil von Hochschulen und deren Kooperationspartnern sowie die fachliche Ausrichtung der beteiligten Studiengänge und die Qualitätssicherung der Anrechnungsverfahren eine Rolle.

Im Gegensatz zu individuellen Anrechnungsverfahren, bei denen die Hochschule im Rahmen einer Einzelfallentscheidung ein von Studieninteressierten zusammengestelltes Portfolio mit beruflich erworbenen Kompetenzen prüft, bieten pauschale Anrechnungsverfahren den Vorteil, dass hier relevante Aus- und Fortbildungsabschlüsse immer mit einer bestimmten Anzahl von Kreditpunkten auf das Studium angerechnet werden können. Das ist für Studieninteressierte sehr transparent und für Hochschulen reduziert sich der Aufwand, weil die Prüfung der Anrechenbarkeit nur einmal vorgenommen werden muss. „Voraussetzung dafür ist allerdings ein gewisses Vertrauen in die Qualität der beruflichen Abschlüsse, was aber auf Seiten der Hochschulen offenbar noch nicht so umfangreich ausgeprägt ist“, so Sigrun Nickel, Leiterin Hochschulforschung beim CHE. Dies ist einer der Gründe, warum individuelle Anrechnungsverfahren im Bundesgebiet deutlich häufiger als pauschale verbreitet sind.

Im Rahmen einer deutschlandweiten Recherche wurden 43 Hochschulen identifiziert, die derzeit pauschale Anrechnungsverfahren durchführen. Die meisten davon befinden sich in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Neun davon wurden einer vertieften Analyse unterzogen, um Einblicke in das konkrete Vorgehen geben zu können. Dabei zeigte sich u.a., dass es einen wachsenden Anteil von Hochschulen gibt, die Aus- und Fortbildungsabschlüsse dann pauschal anrechnen, wenn sie durch bundesweit geltende Gesetze und Ordnungen geregelt sind. Oft beziehen sich pauschale Anrechnungsverfahren auf einzelne Studiengänge vorzugsweise in den Fächergruppen Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Ingenieurwissenschaften und Gesundheitswissenschaften. Aber einige Hochschulen nutzen diese Möglichkeiten mittlerweile auch für ihr gesamtes Bachelor-Studienangebot, wodurch sie für berufserfahrene Studieninteressierte deutlich an Attraktivität gewinnen.

 

Über die Publikation

Die Studie „Entwicklung, Wirkungsweisen und Potenziale pauschaler Anrechnungsverfahren. Empirische Analyse und Praxisempfehlungen“ entstand im Auftrag des Projekts MODUS der Hochschulrektorenkonferenz. Sie liefert evidenzbasierte Erkenntnisse zum Mehrwert pauschaler Anrechnungsverfahren beruflicher Kompetenzen für Hochschulen und Kooperationspartner*innen insbesondere mit Blick auf die fördernde Wirkung der Durchlässigkeit. Die Eregbnisse werden am 11. März im Rahmen der Abschlusstagung des Projekts MODUS „Hochschulen im Wandel: Bildungswege zwischen Flexibilisierung und bewährter Struktur“ von den beiden Autorinnen Sigrun Nickel und Anna-Lena Thiele vorgestellt. 

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Entwicklung, Wirkungsweisen und Potenziale pauschaler Anrechnungsverfahren 10. März 2025 0.00 KB 722 downloads

Nickel, Sigrun; Thiele, Anna-Lena: Entwicklung, Wirkungsweisen und Potenziale pauschaler...

 

Sigrun Nickel

Leiterin Hochschulforschung

Tel.: +49 5241 9761-23
Fax: +49 5241 9761-40
E-Mail: Sigrun.Nickel@che.de

Assistenz:
Sarah Brodacz
Tel.: +49 5241 9761-42

Arbeitsschwerpunkte:
Forschungsprojekte zu Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung, Karrieren in der Wissenschaft sowie im Hochschulmanagement, Qualitätsentwicklung, Hochschulgovernance, Durchführung von Evaluationsverfahren, Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen im Bereich Hochschulmanagement

https://www.che.de/teams/sigrun-nickel